The Alters Vorschau - Sci-Fi Survival mit deinen Doppelgängern (2024)

Habt ihr schon einmal inne gehalten und über eure Entscheidungen in eurem Leben nachgedacht? Über die Weichen, die bestimmen, in welche Richtung ihr euch bewegen werdet? Was wäre, wenn ihr euch zu einem bestimmten Zeitpunkt für etwas anderes entschieden hättet? Wärt ihr dann heute noch da, wo ihr jetzt seid? Würdet ihr jetzt diesen Artikel von mir lesen? Würden euch überhaupt Videospiele interessieren? Fragen der Selbstreflexion, bei denen es durchaus auch etwas philosophisch werden kann.

Während ihr dieser freiwillig nachgehen könnt, hat Jan aus The Alters keine Wahl. Notgelandet auf einem fremden Planeten ist er dazu gezwungen, von sich selbst Klone anzufertigen, um seine wandernde Basis in Betrieb zu halten. Die sichert sein Überleben in einer absolut lebensfeindlichen Umgebung, aber mit nur zwei Händen und ohne Fachwissen für bestimmte Aufgaben kommt er nicht weiter. Allerdings sind es keine identischen Kopien von Jan. Stattdessen sind es andere Versionen von ihm selbst, sogenannte Abzweigungen, die irgendwann in seinem Leben eine andere Entscheidung getroffen haben. Eine Version hat zum Beispiel nie die Universität verlassen und ist deshalb Wissenschaftler geworden. Und nicht ein durchschnittlicher, technischer Assistent, wie der Ursprungs-Jan.

Ich und ich und ich und ich

Ein interessantes Konzept, oder? Das ist die Grundlage von The Alters, einem Hybriden aus Adventure und Survival-Strategie von 11 Bit Studios. Diese haben mit Frostpunk und This War of Mine bereits Spiele entwickelt, die zum Nachdenken anregen. Allerdings waren sie gleichzeitig auch etwas nüchtern in ihrer Darstellung und haben ihre Spielwelt vorwiegend über Texte in Menüs erzählt. Daher war ich ziemlich überrascht, als ich auf dem Anspielevent anhand der Preview-Version merkte, dass diesmal eine cinematische Erzählweise gewählt wurde.

Im spielbaren Prolog steuere ich Jan direkt über die Planetenoberfläche und erlebe in einer sehr dichten Atmosphäre, wie gefährlich es da draußen ist: Der Sturm lässt das Wasser des Meeres hoch peitschen, am Himmel blitzt und donnert es. Im dicken Raumanzug hechte ich über eine raue Gesteinsoberfläche, während sich am Horizont eine radioaktive Strahlenwelle nähert, die Jans Leben umgehend beenden würde. Auf dem Weg finde ich die anderen Besatzungsmitglieder, die trotz intakter Rettungskapseln jedoch alle gestorben sind. Über dieses Mysterium kann Jan aber nicht lange nachdenken, denn es bleiben nur Sekunden, bis er sich in die Basis retten kann. Die Inszenierung ist so dicht und die Stimme von Jan so gut gesprochen, dass The Alters mich bereits in diesen ersten Momenten fest im Griff hat.

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Basenbau in einem Story-Spiel?

„Mit dem Prolog führen wir den Spieler auf immersive Weise in das Geschehen”, erklärt mir Tomasz Kisilewicz. Er ist Game Director von The Alters und nach der Anspielsession ein aufschlussreiches Gespräch mit mir geführt. „Erst nachdem wir am Anfang alle Regeln und die Grundidee erklärt haben, öffnet sich das Spiel und wir können viel freier mit dem Konzept von den verschiedenen Jans experimentieren.” Das klingt vielversprechend und tatsächlich hatte ich den Eindruck, dass man zu Beginn noch sehr an die Hand genommen wird. Dagegen habe ich nichts, denn mit dem Betreten der Station kommt ein Gameplay-Element ins Spiel, bei dem ich skeptisch war, ob es bei mir zünden würde: Das Basenmanagement. Diesem Genre kann ich eigentlich wenig abgewinnen und generell spiele ich nicht besonders oft Strategiespiele. Mir sind die vielen Zahlen, Statistiken und Symbole zu abstrakt und ich baue keine emotionale Verbindung zum Spielgeschehen auf. Diese Distanz wird in The Alters aber rasch durch die Geschichte aufgebrochen, denn jede nötige Aktion oder Aufgabe wird logisch begründet. Da mir Jan bereits in den ersten Minuten ans Herz wächst, verstehe ich die Dringlichkeit seiner Lage auf einer menschlichen Ebene deutlich besser, als wenn ich nur irgendwo in einem Menü eine bedeutungsschwangere Zahl sehe. Kisilewicz freut sich, als ich ihm das als Feedback gebe. „Das ist schön zu hören”, sagt er. „Ich bin ein Fan von Survival-Spielen, aber wir wollten auch Story-Spieler wie dich ansprechen.”

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Unterwegs in einem Riesenrad

Wie genau funktioniert diese wandernde Basis? Stellt euch eine Art Riesenrad vor, nur dass sich in der Mitte alle Bereiche befinden, die zum Leben und Arbeiten nötig sind. Dort befinden sich also der Maschinenraum, die Küche, das Schlafzimmer, das Labor und viele andere Räume. Ihr seht die Basis im Regelfall aus einer Seitenansicht und könnt die Anordnung der Bereiche selbst bestimmen. Sie sind wie Module aufgebaut und mit einer Tür zu beiden Seiten, als auch vertikal über einen Fahrstuhl erreichbar. Da diese Raummodule einen mannigfaltigen Platzbedarf haben, werdet ihr sie früher oder später arrangieren müssen. Beeindruckend: Der Übergang zwischen diesem Baumodus und dem Teil, wo ihr euch durch die Basis bewegen könnt, ist ziemlich fließend. Auf OK gedrückt, und Schwupps: Ihr könnt sofort durch eure neue Anordnung laufen.

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Zwei Bereiche sind besonders wichtig: Der Quantencomputer, in dem die komplette Lebensgeschichte von Jan verzeichnet ist, und die "Gebärmutter". Das ist der Raum, in dem neue Versionen von Jan geboren werden. Bemerkenswert: Ich habe mich dabei ertappt, wie ich wirklich jeden einzelnen Beschreibungstext aus Jans Leben gelesen habe, obwohl bei einer Preview die Anspielzeit obligatorisch knapp ist. Ich fand die Texte und Entscheidungen ziemlich nachvollziehbar geschrieben. Das gilt auch für die Dialoge, die Jan mit seinen Klonen führt. Je nachdem, welche Antworten wir im Multiple-Choice-Gespräch führen, verändert sich der Gemütszustand unseres alternativen Ichs. Die Verfassung lässt sich in einem Übersichtsmenü einsehen, wo wir den Status eines jeden Jans sehen können. Das soll später Auswirkungen auf den Spielverlauf haben, und da man an den Antworten nicht so einfach abschätzen kann, was geschehen wird, habe ich besonders aufgepasst.

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Ihr kennt sicher diese Adventures, wo man schon meilenweit voraussehen kann, welche Konsequenzen Dialogoptionen haben werden. Hier allerdings nicht: Ich war oft überrascht, wie die anderen Jan-Versionen reagiert haben. Der ruppige Mechaniker-Jan hat auch ein paar emotionale Seiten, und der logisch denkende Wissenschaftler-Jan ließ sich schneller verärgern, als ich angenommen hätte. „Für unsere Autoren waren die Dialoge eine besondere Herausforderung”, erläutert Kisilewicz, als ich ihn darauf anspreche. „Wir wollten unsere Spieler auf keinen Falll auf billige Weise hinters Licht führen, getreu dem Motto ‘Ha! Du hättest bestimmt nicht erwartet, dass diese Antwort dieses völlig unerwartete Resultat hat!’” Und ich weiß genau, was er meint, denn in der Preview wurde nicht plump mit der Erwartungshaltung gespielt, sondern jede Reaktion war nachvollziehbar für mich. Mit anderen Worten: Jans Persönlichkeiten wirken komplex und menschlich. Der Fokus liegt vor allem auf den Gefühlen, wie Kisilewicz weiter ausführt. „Ist es zum Beispiel gut oder schlecht, wenn ich jemanden verärgert habe? Das müssen die Spieler selbst herausfinden. Aber die dargestellten Emotionen führen dazu, dass wir die anderen Versionen von Jan und ihre Entscheidungen im Leben besser verstehen werden.”

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Freiheit für Alternativen

In den letzten 30 Minuten meiner Anspielzeit bemerke ich, wie The Alters sich langsam öffnet und mir mehr Entscheidungsfreiheit zutraut. Das merke ich zum Beispiel auf der Planetenoberfläche: Um Ressourcen abzubauen, muss ich verschiedene Geräte bedienen, die ich zuvor in der Basis gebaut habe. Dabei kann ich mich aus der 3rd-Person-Ansicht frei über die Oberfläche des Planeten bewegen - zumindest in einem gewissen Umkreis. Um zum Beispiel auf höhere Ebenen zu kommen, benötige ich erst ein Upgrade für meine Kletterfähigkeiten, das ich während der Preview nicht mehr schaffe. Trotzdem war die Erforschung in diesen Abschnitten interessant: Mit Scannern kann ich die Umgebung nach Ressourcen absuchen. Das mache ich nicht bloß mit einem Tastendruck, sondern ich muss erst ein Gebiet mit Pfeilern einkreisen, um Bodenschätze zu finden. Ich kann Proben abbauen und im Labor untersuchen. Oder ich finde Gegenstände, die während des Absturzes auf dem Planeten verstreut wurden. In einer gestrandeten Kiste befindet sich zu meiner Überraschung eine Lavalampe, die aus der Kindheit von Jan stammt. Diese kann ich einem meiner Doppelgänger schenken und schauen, wie sie darauf reagieren. Damit Abbaumaschinen die Ressourcen auch zur Basis transportieren können, muss ich erst eine Leitung über die Landschaft legen. Die Zwischenstationen dafür baue ich ebenfalls in der Basis aus Ressourcen, die ich über andere Wege beschaffen muss. Metall zum Beispiel kann ich manuell abbauen.

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Viele Jans, viele Schicksale

Irgendwann merke ich aber, dass ich nicht alles schaffen werde, ehe die nächste tödliche Welle auftauchen wird. Auf welche Art ich die nötigen Vorbereitungen kehre, bleibt aber mir überlassen. Zum Beispiel kann ich einen Jan in dem Gebärmutter-Raum erschaffen, der in einer Mine gearbeitet hat. Dieser hilft mir dann bei den Abbaumaschinen besonders weiter. Oder ich priorisiere den Wissenschaftler, der mir vielleicht nützliche Erfindungen entwickelt, die ebenfalls Zeit sparen können. Im Trailer und auf Teaserbildern sind aber noch etliche andere Jans zu sehen, auf die ich bereits sehr gespannt bin: Einer sieht aus wie ein Verbrecher, mit ungepflegten, langen Haaren und düsterem Blick. Ein anderer wiederum, wie ein Geistlicher, mit Brille, Glatze, Bart, und einem Gesichtsausdruck, der Weisheit ausstrahlt. Es gibt einen Jan, der sehr zufrieden mit seinem Leben ist, und einen anderen, der durch einen Arbeitsunfall seinen Arm verloren hat. Besonders kniffelig wird die Frage, wie diese Klone alle mit ihren (falschen) Erinnerungen umgehen. Manche von ihnen erinnern sich an eine Ehe, doch die echte Frau gibt es selbstverständlich nur einmal. Als sie im Kommunikationsmodul noch am Anfang des Spiels plötzlich am anderen Ende der Leitung sitzt, ahne ich bereits, dass das hohes Konfliktpotential hat. Spannend!

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Schon jetzt ist klar: The Alters wird etwas besonderes!

Eine Frage sitzt euch bestimmt schon seit der Einleitung im Hinterkopf: Haben die verschiedenen Versionen von Jan eigentlich die gleiche Stimme? Ja und nein. Sie haben alle den gleichen Synchronsprecher, der beim Anspielevent kurz auf die Bühne getreten ist. Sein Name ist Alex Jordan und seine Begeisterung für die Rolle kam ehrlich rüber: „Als ich das Konzept gelesen habe und merke, dass ich ganz viele verschiedene Charaktere sprechen würde, die eine gänzlich andere Persönlichkeit haben, wusste ich: Da will ich dabei sein!”, erklärt er uns. „Das war eine ziemliche Herausforderung, kann ich euch sagen.” Oh, das kann ich mir vorstellen! Aber die Performance ist mehr als gelungen. Jeder Jan-Variante hört man die Wesensveränderungen sofort heraus. Es ist unglaublich, was Jordan hier leistet und wie viele unterschiedliche Varianten er konsistent spricht. Ein Sprecher, der fast alle Figuren im Spiel verkörpert - das ist nur eines von vielen Aspekten, die an The Alters einzigartig sind.

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Ich war am Ende der Anspielsession auf jeden Fall sehr interessiert daran, wie es weitergehen würde und freue mich sehr auf die fertige Version. Einen konkreten Releasetermin hat 11 Bit Studios noch nicht angekündigt, aber die gezeigte Version machte bereits einen ziemlich reifen Eindruck auf mich. Gespielt haben wir auf High-End-Gaming-PCs mit Maus- und Tastatur. Wie gut das Spiel auf Playstation 5 und Xbox Series laufen werden, kann ich ebenso wenig beurteilen wie die Controller-Steuerung. Ganz auf Blockbuster-Niveau kommt die Grafik nicht, aber besonders die Landschaft des Planeten sah bereits ziemlich gut aus. Ohnehin war die Stimmung und das Art Design hier wichtiger: Man merkt den Einfluss von osteuropäischen Science-Fiction-Klassikern wie Solaris an der Architektur und der Beleuchtung. Und auch der Soundtrack war klasse: Frostpunk-Komponist Piotr Musiał hat viele Synthesizer-Klänge verwendet, die der Atmosphäre wortwörtlich Raum und eine gewisse mysteriöse Schwere gegeben haben. Die Musik hallte noch eine ganze Weile nach dem Event in meinem Kopf nach - ein gutes Zeichen, das stellvertretend für das ganze Spiel steht.

Ich glaube, mit The Alters erwartet uns eine ganz besondere Spielerfahrung.

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Author: Reed Wilderman

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